Koalitionsvertrag: Chancen und Risiken fürs Dachdeckerhandwerk
ZVDH-HGF Ulrich Marx
Der ZVDH bewertet die vorgesehenen Maßnahmen im Koalitionsvertrag der neuen Bundesregierung für Mittelstand und Handwerk als eine Mischung aus dringend benötigter Entlastung und kritischen Aspekten, die weiterer Konkretisierung bedürfen.
Steuerreform: Spät, unklar, lückenhaft
Prinzipiell seien die vorgesehene Senkung der Körperschaftsteuer ab 2028 sowie die Entlastung der Einkommensteuer für Personengesellschaften richtige Schritte. Doch gerade im Handwerk, wo die meisten Betriebe als Personengesellschaften organisiert sind, bestehen erhebliche Zweifel an der konkreten Ausgestaltung. Die geplante Anhebung der Freigrenze für „mittlere Einkommen“ bliebe vage und könnte sich als zu niedrig erweisen, um tatsächlich eine spürbare Entlastung für inhabergeführte Dachdeckerbetriebe zu bringen.
Bürokratieabbau als Chance
Die Bundesregierung plant, Dokumentations- und Statistikpflichten zu reduzieren, Genehmigungsprozesse zu beschleunigen und die Schriftformerfordernisse im Arbeitsrecht zu lockern. Dies könne für Dachdeckerbetriebe eine deutliche Erleichterung bedeuten, so der Dachdeckerverband. Vor allem die geplante Genehmigungsfiktion, wonach Anträge automatisch als genehmigt gelten, sofern keine anderslautende Entscheidung erfolgt, sei geeignet, langwierige Verfahren verkürzen und Planungssicherheit schaffen. „Allerdings bleibt abzuwarten, wie diese Vorhaben in der Praxis umgesetzt werden und welche realen Erleichterungen tatsächlich in den Betrieben ankommen“, zeigt sich der ZVDH-Haupt-geschäftsführer Ulrich Marx eher skeptisch.
Fachkräftemangel bleibt Herausforderung
Der Koalitionsvertrag enthalte zudem sinnvolle Maßnahmen zur Beschleunigung von Arbeitsgenehmigungen für qualifizierte ausländische Fachkräfte, um dem akuten Fachkräftemangel zu begegnen. Die Ankündigung einer verstärkten Förderung der beruflichen Ausbildung und der Bildungsstätten begrüßt der Verband ausdrücklich. „Positiv bewerten wir in diesem Zusammenhang auch die geplante Einführung einer zentralen Work and Stay-Agentur zur Vermittlung und Betreuung internationaler Fachkräfte“, so Marx.
Flexiblere Arbeitszeit und Mutterschutz
Ein positives Signal sei zudem die geplante Umstellung von täglicher auf wöchentliche Höchstarbeitszeit. Dies schafft in der saisonal geprägten Bauwirtschaft die benötigte Flexibilität. Auch der angekündigte Mutterschutz für Selbstständige trifft auf Zustimmung als ein wichtiges Zeichen für mehr soziale Absicherung von Unternehmerinnen im Handwerk.
Impulse für Wohnungsbau
Positiv hervorzuheben sei auch die geplante Investitions-, Steuerentlastungs- und Entbürokratisierungsoffensive im Bereich des Wohnungsbaus. Die Einführung eines „Wohnungsbau-Turbos“ sowie die angestrebte Reform des Baugesetzbuchs könnten Genehmigungsverfahren vereinfachen und beschleunigen. Dies würde auch Dachdeckerbetrieben neue Perspektiven im Neubau-Sektor eröffnen. Auch die befristete Wiederherstellung der Förderfähigkeit des Effizienzhaus-55-Standards (EH 55) zur Aktivierung von Bauüberhängen sei ein wichtiger Schritt, so der ZVDH.
Fazit: Gute Ansätze, aber viel Klärungsbedarf
„Vor allem der Bürokratieabbau, die Steuerentlastungen, die Förderung der beruflichen Ausbildung, die Investitionen in den Wohnungsbau sowie die Unterstützung von Betriebsnachfolgen sind positive Signale. Aber dass vieles noch im Vagen ist, ist eine große Schwäche. Der ZVDH wird sich dafür einsetzen, dass die Interessen des Dachdeckerhandwerks in der Umsetzung der Regierungspläne berücksichtigt werden“, macht Marx deutlich.